Arbeit und hohe Lebensqualität: Als Landärzt*innen im Werra-Meißner-Kreis
Bitte stellen Sie sich kurz vor.
Lisa Schönnenbeck: Ich bin 38 Jahre alt und als Älteste von vier Kindern in Bad Nauheim geboren. Als ich 6 Jahre alt war, sind meine Eltern nach Meinhard gezogen und haben in Grebendorf eine Apotheke eröffnet. Nach dem Medizinstudium in Düsseldorf haben wir in einer großen Klinik in Fulda gearbeitet. Seit 2017 sind wir zurück in Meinhard. Unsere Kinder sind 1, 5 und 7 Jahre alt. Ab 2019 habe ich dann in Wanfried bei Dr. Daub meine letzten beiden Weiterbildungsjahre verbracht.
Marcus Schönnenbeck: Ich bin noch 39 Jahre alt und habe meine Frau während des Studiums in Düsseldorf kennengelernt. So lernte ich überhaupt den Werra-Meißner-Kreis kennen und war von Anfang an begeistert. Mir war immer klar, dass ich Internist werden wollte, nur Hausarzt konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Mit den Jahren in Krankenhäusern wurde diese Vorstellung dann aber immer konkreter und heute bin ich überglücklich, diesen Schritt getan zu haben. Durch Zufall lernte ich die Praxis Dr. Daub/Ulrich zur Übernahme kennen. Der Rest ist Geschichte.
Was hat Sie dazu bewegt Ihre Praxis nach Meinhard/Grebendorf zu verlegen?
Die Räumlichkeiten in Wanfried waren für uns nicht mit den Vorstellungen einer neuen und modernen Praxis zu vereinbaren. Mit dem Wegzug von Meinhards letztem Hausarzt nach Eschwege erlebten wir, was es für eine Gemeinde bedeutet keinen Hausarzt zu haben. Ferner zeichnete sich ab, dass es auch perspektivisch in Wanfried mehrere junge Hausärzt*innen geben würde.
Wie haben Sie die Standortsuche empfunden? Konnten Sie auf ein regionales Netzwerk (Unterstützung durch KV, Kreisverwaltung, Bürgermeister, Kommune etc.) zurückgreifen, welches die Suche nach einem Praxisstandort vereinfacht hat?
Das Grundstück war schon seit vielen Jahren im Besitz der Familie Schmidt, die gegenüberliegend die Meinhard-Apotheke betreibt. Hier sollte ursprünglich mal eine neue Apotheke gebaut werden, wozu es aber nie kam. Die Lage ist ideal mit Bushaltestelle vor der Tür. Eine Apotheke, Physiotherapie, Ergotherapie, Zahnärzt*innen und Pflegedienste sind in den umliegenden Straßen angesiedelt. Die Suche war dementsprechend schnell – ohne weitere Hilfe – beendet.
Teilen Sie sich in Meinhard/Grebendorf einen Arztsitz?
Wir haben beide je einen vollen Kassensitz.
Wie vereinbaren Sie den Arbeitsalltag mit ihrem Familienleben? Arbeiten Sie beide in Vollzeit oder im Teilzeitmodell?
Wir arbeiten beide in Vollzeit und profitieren von den kurzen Wegen und unserem familiären Netzwerk sowie den Möglichkeiten einer Betreuung im Kindergarten und bei Tageseltern, ohne die es so nicht laufen würde.
Frau Schönnenbeck, Sie sind in Meinhard aufgewachsen. Was hat Sie dazu bewegt, in den Werra-Meißner-Kreis zurückzukehren?
Ich bin gerne zu Fuß und zu Pferd draußen in der Natur unterwegs und der Werra-Meißner-Kreis hat mit seinen Premiumwanderwegen und geologischen sowie ökologischen Besonderheiten viel zu bieten. Außerdem liegt er in der Mitte Deutschlands, sodass es ans Meer und in die Berge ungefähr gleich weit ist. In wenigen Stunden ist man in den verschiedenen Großstädten. Im Alltag und mit den Kindern genieße ich das Landleben abseits von Großstadthektik und Stau sehr. Auch ein großer Teil meiner Familie lebt hier bzw. ist hierher zurückgekehrt.
Herr Schönnenbeck, Sie kommen gebürtig nicht aus dem Werra-Meißner-Kreis. Was schätzen Sie an ihrem aktuellen Wohn- und Arbeitsort?
Ich war nie ein Freund der Stadt, sondern von klein auf mit meinen Eltern an Wochenenden in ländlichen Regionen unterwegs. Die Ruhe und der wenige Verkehr sowie die Nähe zur Natur mit der guten Luft weiß ich besonders zu schätzen, eben weil ich im Rhein-Ruhr-Gebiet aufgewachsen bin.
Würden sie anderen Ärzt*innen empfehlen, als „Landärzt*in“ im Werra-Meißner-Kreis tätig zu werden?
Auf jeden Fall! Die Menschen sind offen und dankbar und die Lebensqualität ist toll! Nicht nur für Naturliebhaber*innen. Mit Kindern ist ein familiäres Netz hilfreich, aber nicht zwingende Voraussetzung. Immer mehr junge Familien kehren hierher zurück. Die Lebenshaltungskosten sind hier niedriger als in den Ballungsräumen, wobei ein Hausarzt/eine Hausärztin in der Stadt das gleiche für seine Behandlung bekommt, wie ein Landarzt/eine Landärztin. Das macht es zusätzlich sehr attraktiv.
Können Sie sich vorstellen, in der Aus- und Weiterbildung aktiv zu werden? Sehen Sie darin für sich und/oder die Region Vorteile?
Auf jeden Fall. Schon bald werden wir uns auch in der Aus- und Weiterbildung engagieren. Zurzeit suchen wir aber auch eine ärztliche Kollegin/einen ärztlichen Kollegen zum Einstieg in die Praxis. Wir sind in einem unterversorgten Gebiet, d.h. es gibt immer noch zu viele Patient*innen für zu wenig Ärzt*innen.