Interview mit Herrn Pippart: Land- und Lehrarzt in der Gemeinschaftspraxis Pippart&Eickhoff

Traumberuf Landarzt und Vereinbarkeit von Familie und Beruf…

Bitte stellen Sie sich kurz vor.

Mein Name ist Tim Pippart, ich bin in Wanfried aufgewachsen und komme aus einer Arztfamilie der dritten Generation. Schon als Kind wollte ich Landarzt werden. Nach der Schule absolvierte ich zunächst meinen Zivildienst im Rettungsdienst und war unter anderem als Organtransplantationsfahrer und im Babynotdienst tätig. Nach meinem Medizinstudium folgte die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin, sowie die Weiterbildung zum Notfall- und Palliativmediziner. Vor ein paar Jahren bin ich schließlich in die Gemeinschaftspraxis meines Vaters (Dr. Helmut Pippart) mit Herrn Dr. med. Eickhoff eingetreten. Ich bin alleinerziehender Vater von drei Kindern und zugleich Vollzeit-Hausarzt. Das funktioniert nur, weil ich meine Arbeitszeiten flexibel einrichten und die Arbeit im Notfall unterbrechen kann. Hilfreich ist dabei vor allem auch das gute Netzwerk in der Stadt Wanfried. 

 

Was reizt Sie an Ihrer Arbeit als Hausarzt im ländlichen Raum und speziell im WMK?

An meiner Arbeit schätze ich insbesondere die große Bandbreite an medizinischen Themen, die eine Landarztpraxis mit sich bringt. In der Regel sind Spezialisten für die einzelnen Fachrichtungen im ländlichen Raum nicht um die Ecke. Als Allgemeinmediziner bin ich natürlich nicht für jedes Krankheitsbild der Spezialist, aber bei uns gibt es ein gut aufgestelltes Praxisteam sowie ein enges Netzwerk, z.B. auch zur Universität Göttingen, sodass wir uns über Diagnosen und Behandlungsmethoden austauschen können. 

Als Hausarzt im ländlichen Raum betreuen wir die Patientinnen und Patienten über viel Jahre bzw. Jahrzehnte. Das ermöglicht u.a. einen ganzheitlichen Blick, der bei Diagnosen oft sehr hilfreich ist. Auch sind wir in unserer Gemeinschaftspraxis in der Lage, etwas flexibler mit unseren Zeiten umzugehen. Beispielsweise haben wir in den letzten Jahren ca. 700 neue Patient*innen aus Thüringen übernommen und mit allen ausführliche Erstgespräche geführt.

Insgesamt ist es die Neugier, immer etwas dazuzulernen sowie die Arbeit mit dem Menschen, die mich an meinem Beruf erfreut und erfüllt. Der Werra-Meißner-Kreis ist für mich sehr lebenswert. Wanfried ist eine überschaubare Kleinstadt mit einer sehr schönen Landschaft und zugleich einer kurzen Entfernung nach Göttingen (mit dem Cantus ab Eschwege in einer guten halben Stunde erreichbar) oder nach Kassel. 

 

Seit wann sind Sie als Lehrarztpraxis in dem Projekt „Landpartie“ aktiv? Was ist Ihre persönliche Motivation, sich für das Projekt zu engagieren? 

Unsere Gemeinschaftspraxis war schon immer eine Lehrarztpraxis und hat Assistenzärzte aufgenommen. Das Ausbildungsangebot ist also ein fester Bestandteil unserer Praxis. Ich selbst bin seit zwei Jahren als anerkannter Lehrarzt tätig. Für mich persönlich ist die Zusammenarbeit mit den Studierenden und Assistenzärzt*innen eine große Bereicherung, da ich sie eher als Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung ansehe, wir uns fachlich austauschen und z.B. die jüngeren durch einen anderen Umgang mit digitalen Medien mir auch häufig etwas beibringen können. 

In dem Projekt „Landpartie“ haben wir uns von Anfang an engagiert. Wir nutzen sehr gerne die Angebote bzw. verweisen regelmäßig darauf, wenn es Anfragen von Studierenden aus Göttingen gibt. Zusätzlich vermitteln wir bei Bedarf auch ein Zimmer oder bieten einen Abholdienst vom Bahnhof Eschwege an. 

 

Wie viele Nachwuchsärztinnen und -ärzte betreuen Sie in Ihrer Praxis ungefähr pro Jahr?

In diesem Jahr haben wir insgesamt zehn Studierende betreut, davon acht im Rahmen des Blockpraktikums und zwei in der Famulatur. Etwas unglücklich ist es dabei, dass sich die zehn Personen nur auf die Semesterferien der Universität verteilen und nicht auf das gesamte Jahr. Zusätzlich arbeitet bei uns seit einem dreiviertel Jahr eine Assistenzärztin, die ihre Facharztausbildung zur Allgemeinmedizinerin absolviert (siehe auch Interviews Frau Brandes und Frau Gabriel).

 

Wie beziehen Sie die Praktikant*innen in Ihren Arbeitsalltag ein? 

Sie werden bei uns als lernende Kolleg*innen angesehen, die auch eigenständig Diagnosen erstellen. Zusätzlich erhalten die Studierende Aufgaben, die sie in der Regel am Nachmittag recherchieren. Teilweise gibt es Rückmeldungen von Patienten, die sich sehr über die Studierenden freuen, da diese oft mehr Zeit für sie haben. Natürlich ist es ein zeitlicher Mehrbedarf, aber das gehört zur Ausbildung dazu. Außerdem profitiere ich in vielfältiger Weise von den Studierenden und Assistenzärzt*innen: Im Team bzw. Austausch geht es darum, die eigene Meinung bzw. Diagnose zu hinterfragen und  Fehlertoleranz, Neugier und Weiterbildung zu fördern. Zugleich ist die Ausbildung auch eine Investition in die Zukunft, denn beispielsweise besteht weiterhin ein Kontakt zu einigen Nachwuchsärzt*innen, die dann als Fachkolleg*innen natürlich viel einfacher kontaktiert werden können. Die Ausbildung ist also ein Teil der Netzwerkarbeit. Ob in Zukunft über das eigene Engagement unserer Praxis auch eine junge Ärztin oder ein Arzt als Nachwuchs gewonnen wird, steht nicht im Mittelpunkt, wäre aber natürlich eine sehr gute Möglichkeit.

 

Was würden Sie angehenden bzw. jungen Ärzt*innen raten, die als Hausärzt*innen im ländlichen Raum arbeiten möchten?

Es handelt sich um einen sehr vielfältigen und interessanten Beruf und, im Gegensatz zum Angestelltenverhältnis, lassen sich z.B. die Arbeitszeiten viel flexibler einteilen. So schaffe ich in meinem Fall sogar den Spagat zwischen Familie und Beruf, was in einem anderen Arbeitsumfeld nur sehr schwer möglich wäre. Eine eigene Praxis zu übernehmen ist jedoch nicht ganz unaufwändig. Ich musste mich in das Thema Abrechnung o.ä. zunächst ganz neu einarbeiten. Das Team der KV ist heute aber sehr gut aufgestellt und berät gut. 

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