Interview mit Herrn Dr. med. Hanno Ullrich, Weiterbildungsassistent in Waldkappel

Die Tätigkeit von Dr. med. Hanno Ullrich als Weiterbildungsassistent und im Gesunden Werra-Meißner-Kreis …




Bitte stellen Sie sich kurz vor.

Zurzeit bin ich als ärztlicher Weiterbildungsassistent in der Landarztpraxis Waldkappel beschäftigt – ich bin also Assistenzarzt in einer Hausarztpraxis. Im November 2021 bin ich nach Waldkappel in den Werra-Meißner-Kreis umgezogen, um den Alltag und die Patient*innenversorgung in einer Landarztpraxis kennenzulernen. 

Die Primärversorgung in einer ländlichen Region wie hier unterscheidet sich nämlich deutlich von der hochspezialisierten Universitätsmedizin, die ich während meines Studiums in Heidelberg kennengelernt hatte. Als Hausarzt im ländlichen Raum betreuen wir die Patientinnen und Patienten über viele Jahre. Das ermöglicht u.a. einen ganzheitlichen Blick, der bei Diagnosen und Therapien oft sehr hilfreich ist. Als Landarzt konnte ich erleben, wie sich eine gute Arzt-Patient*innen-Beziehung über Monate entwickeln kann, was ich erfüllend finde. Hier hat sich mein Wunsch gefestigt, später Hausarzt und Allgemeinmediziner zu werden.
In meiner Freizeit gehe ich wandern, spiele Basketball beim BC Meinhardt, höre Podcasts, und reise gerne mit Freunden an die Nordsee oder in die Alpen.

 

 

Die Entscheidung, in den Werra-Meißner-Kreis zu gehen.

 

Was waren Gründe dafür, dass Sie sich für eine Weiterbildungsassistenz im Werra-Meißner-Kreis entschieden haben?

Tatsächlich musste ich erstmal googeln, wo Waldkappel genau liegt. Ich hatte bislang noch keinen persönlichen Bezug zur Region. Ich wollte in einem Gesundheitsnetzwerk mitarbeiten. Über Steven Renner, den Geschäftsstellenleiter vom Gesunden Werra-Meißner-Kreis (GWMK), konnte der Kontakt zur Landarztpraxis in Waldkappel hergestellt werden und unkompliziert eine Hospitation organisiert werden. Die Praxis von Dr. Jann Hünermund hat mich willkommen geheißen und begeistert, weil der/die Patient*in im Mittelpunkt steht und das ganze Team sich dafür einsetzt – sowohl die erfahrenen als auch die jüngeren Allgemeinmediziner*innen und Medizinischen Fachangestellten. So wird es geschätzt, wenn jeder seine Stärken einbringen kann.

Kannten Sie die Gesunden Werra-Meißner-Kreis GmbH (GWMK) bereits vorher?

Auch das Kennenlernen beim GWMK verlief sehr harmonisch und wir haben festgestellt, dass wir in Sachen ganzheitlicher Gesundheitsversorgung sehr ähnlich denken. Die direkte und vor allem regionale Versorgung schafft einen Mehrwert für Patient*innen. Der zwischenmenschliche Kontakt kann durch ergänzende, digitale Errungenschaften bereichert werden.

 

 

Die Arbeit beim Gesunden Werra-Meißner-Kreis.

 

Sie arbeiten zusätzlich zu Ihrer Weiterbildungsassistenz in einer Praxis auch beim Gesunden Werra-Meißner Kreis.
Was war Ihr Antrieb, sich für diese beiden Tätigkeiten zu entscheiden?

Der Berufseinstieg und die Einarbeitung durch meine doppelte Tätigkeit sind intensiv und gleichzeitig sehr erfüllend und zufriedenstellend gewesen. In der Praxis arbeite ich als Weiterbildungsassistent. Ich werde also von Fachärzt*innen für Allgemeinmedizin ausgebildet und betreue unter Supervision Patient*innen. In unserer Praxis ist eine nicht-ärztliche Kollegin Gemeindepflegerin und damit gibt es auch schon einen direkten Draht zum GWMK. Und um mehr Freiräume für das Gesundheitspersonal zu erreichen, möchten wir die Arztpraxen entlasten. Gleichzeitig möchte ich mit der intensiveren, interprofessionellen Vernetzung den Grundstein zu einer verbesserten Gesundheit der Bevölkerung legen (engere Zusammenarbeit von Arzt/Ärztin, Pflegekräfte, Medizinische Fachangestellte, Gemeindepfleger*innen, Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen, Fachärzt*innen, Apotheker*innen etc.).

Daher stehe ich wöchentlich in engem Kontakt mit dem Team vom GWMK durch verschiedene Arbeitsgruppen (COPD, Herzinsuffizienz, Demenz, nicht-spezifischer Kreuzschmerz, Telemedizin) im Gesundheits- und Versorgungsmanagement. Im Projektmanagement vertrete ich die Perspektive aus der derzeitigen, direkten Patient*innenversorgung auf die entstehenden regionalen Versorgungsprogramme für chronisch kranke Patient*innen. Die Qualitätssicherung erfolgt leitlinienorientiert und evidenz-basiert.

 

 

Vorsorgeprogramme und Optimierung der Arbeit.

 

Können Sie mehr zu einem der Versorgungsprogramme erklären?

Zurzeit rekrutieren wir im Rahmen des durch die EU geförderten Projektes ADLIFE Arztpraxen und Patient*innen mit schwerer COPD und Herzinsuffizienz. Wir wollen besonders betreuungsintensiven Patient*innen und deren Arztpraxen eine Möglichkeit der intensiveren Kommunikation bieten – das heißt, die wichtigsten Ziele und Aktivitäten aus dem letzten Arzt-Patienten-Gespräch werden vom Hausarzt oder der Hausärztin auf ein mobiles Endgerät der Patient*innen übertragen. Kein Notizzettel mehr schreiben und sich erinnern müssen, welche Medikamente Großmutter oder Vater jetzt neu verordnet bekommen haben. Wir wollen also die Zusammenarbeit aller Gesundheitsprofessionen mittels unseres Herz- und Lungenlotsenteams vom GWMK und einer therapieunterstützenden Software noch reibungsloser gestalten. Dabei können die Patient*innen sich zusätzlich über Ihre Erkrankungen digital informieren, werden persönlich geschult durch unser Team, und die Ärzte halten die Therapieziele neben dem Mündlichen auch digital fest für Patient*innen und Lotsen. Wir als Herz- und Lungenlotsenteam wollen den Gesundheitszustand der Patient*innen nachhaltig erhalten und ihnen lange ein selbstbestimmtes Leben im eigenen zuhause ermöglichen.

 

 

Praxisübergreifender Austausch.

 

Sie sind nicht der einzige Weiterbildungsassistent in der Region. Gibt es Kontakte oder Vernetzungen zu anderen? Was sind Vorteile der Vernetzung oder was wären Gründe, diese anzustoßen?

Wir haben diesen Sommer einen praxisübergreifenden Austausch zwischen den Weiterbildungsassistent*innen hier in der Region initiiert. Dabei behilflich waren Anne Swoboda vom GWMK, das Ärztliche Kompetenzzentrum Hessen der Kassenärztlichen Vereinigung und Anja Fett vom Gesundheitsamt des Landkreis Werra-Meißner. Es ist spannend, von anderen Kolleg*innen zu hören, wie sie ihre Weiterbildung erleben und wie in anderen Praxen Patient*innen versorgt werden.

Dieses Jahr hat mein Weiterbilder Dr. Jann Hünermund als Moderator den hausärztlichen Pharmakotherapie-Qualitätszirkel hier im WMK wieder ins Leben gerufen. So können die Hausärzt*innen gemeinsam über leitlinienorientierte Therapie diskutieren und sich in einem geschützten Rahmen über die Organisation ihrer Arztpraxen austauschen.

 

 

Die Vorteile des Gesunden Werra-Meißner-Kreises.

 

Welche Vorteile bringt der GWMK als Gesundheitsnetzwerk?

Das Team vom GWMK gestaltet dabei mit, wie den Menschen mit fortgeschrittenen chronischen Krankheiten vor Ort geholfen wird. Wir als Gesundheitsnetzwerk verfolgen einen präventiven Ansatz durch zielgenaue und frühzeitige Aktivierung des Einzelnen. Ziel eines starken Gesundheitsnetzwerkes ist eine bessere gesundheitliche Versorgung. Dies bedeutet weniger Krankheitskomplikationen für die Patient*innen, weniger Krankenhauseinweisungen, eine verlängerte Lebenserwartung mit höherer Lebensqualität, eine bessere Versorgung von Begleiterkrankungen und bessere Übergänge zwischen den ambulanten und stationären Sektoren des Gesundheitssystems für die Patient*innen. Ist es nicht besser, wenn sich alle Ärzt*innen, Pfleger*innen und Therapeut*innen miteinander über die Patient*innen abstimmen?

 

 

Die bestmögliche Patient*innenversorgung.

 

Wie sind Ihre Zukunftspläne? Wollen Sie den Beruf eines „Landarztes“ in Zukunft ausüben und kommt der Werra-Meißner-Kreis dafür für Sie in Frage?

Mein Traumberuf bleibt weiterhin der Allgemeinmediziner vor Ort, der in engem Austausch mit anderen Gesundheitsprofessionen steht. In Zukunft wünsche ich mir eine Tätigkeit in einer Teampraxis, die überörtlich Patient*innen versorgt und eng verflochten ist zu Fachärzt*innen innerhalb des Landkreises oder zu den nahegelegenen Metropolregionen mit ihren spezialisierteren Gesundheitszentren. Ich bin gespannt, welche Möglichkeiten sich in Zukunft im Werra-Meißner-Kreis ergeben.

Meine Wunschvorstellung für die Tätigkeiten eines Mediziners besteht darin, in der direkten Patient*innenversorgung für die Patient*innen da zu sein und gleichzeitig aktiv die Versorgungsstrukturen weiterzuentwickeln. Während meiner Weiterbildung zum Facharzt möchte ich genau diese direkte Patient*innenversorgung und die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems kombinieren. Zunächst werde ich erstmal meine Weiterbildung in der stationären Patient*innenversorgung fortsetzen.

 

 

Die Arbeit im Werra-Meißner-Kreis als Chance.

 

Würden Sie die Weiterbildung im Werra-Meißner-Kreis anderen Mediziner*innen empfehlen? Was spricht aus Ihrer Sicht dafür? Wer oder was hat Sie bei Ihrer Entscheidung unterstützt?

Wir in der Landarztpraxis und im GWMK arbeiten daran, dass der Nutzen neuer Versorgungsformen am Ende allen Krankenversicherten zugutekommt. Nicht zuletzt hoffe ich, dass sich der Austausch zwischen der Ärzteschaft im Werra-Meißner-Kreis und dem interprofessionellen Team des GWMK intensiviert und beide Seiten wachsen, voneinander lernen und zugunsten der Patient*innen voneinander profitieren.

Jede*r interessierte Gesundheitsakteur*in, vor allem die Weiterbildungsassistent*innen, sind dazu eingeladen, hier in der Region die Versorgungsstrukturen weiterzuentwickeln. Der Gesunde Werra-Meißner-Kreis bietet eine großartige Chance für den Landkreis, um neue Technologien hierher zu bringen und Fachkräfte zu gewinnen. Gerade vor dem demographischen Wandel und dem drohenden Fachkräftemangel ist es dringend nötig, dass die teilweise noch separierten Gesundheitsversorger*innen gemeinsame Lösungen für die Zukunft entwickeln. Für angehende und niederlassungsentschlossene Allgemeinmediziner*innen bietet ein Gesundheitsnetzwerk viele Vorteile.

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