interkommunales GesundheitsVersorgungsZentrum (iGVZ)

Das Netzwerk iGVZ in Sontra, Herleshausen, Nentershausen und Cornberg


 

Die Kommunen Sontra, Herleshausen, Nentershausen und Cornberg haben sich mit einem interkommunalen Gesundheitskonzept und dem iGVZ zukunftsfähig aufgestellt. Es war ein längerer Weg, der nachfolgend von einem der Gründungsväter, Herrn Bürgermeister Thomas Eckhardt aus Sontra, erläutert wird.

 

Guten Tag Herr Bürgermeister Eckhardt. Im Jahr 2017 haben Sie gemeinsam mit Ihren Kollegen aus Herleshausen und Nentershausen das Thema Gesundheit auf die Tagesordnung gesetzt. Was war der Anlass dafür und wie und von wem wurden Sie auf Ihrem Weg unterstützt?

 

Wir haben schon sehr frühzeitig und bei einer durchaus noch guten Versorgungssituation der Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner in unseren 3 Kommunen im Jahr 2017 das Thema „Gesundheitliche Versorgung“ zur Chefsache im Rahmen unserer interkommunalen Zusammenarbeit erklärt. Im Hinblick auf eine sich abzeichnende angespannte Versorgungssituation infolge von altersbedingten Aufgaben von Praxisinhabern in unseren Kommunen und der bedauerlicherweise erfolglosen Nachfolgesuche war es uns wichtig, gemeinsam und im Verbund nach Lösungen zu suchen, wie wir unsere Region, als Gesundheitsregion möglichst attraktiv für junge Medizinerinnen und Mediziner entwickeln können.   

Als einen ersten Schritt haben wir daher im Rahmen verschiedener Veranstaltungen ein Gesundheitsforum „Fachwerk Gesundheit“ durchgeführt. Bei diesem konnten wir viele Akteur*innen aus sehr unterschiedlichen Gesundheitsbereichen (Ärzt*innen, Therapeut*innen, Apotheken, Pflege- und Rehaeinrichtungen sowie weitere Gesundheitsdienstleister) einbinden. Zusätzlich fanden die 1. Interkommunalen Gesundheitstage in allen 3 Kommunen mit unterschiedlichsten Gesundheitsangeboten der örtlichen Gesundheitsanbieter über eine Woche hinweg statt, bei denen u. a. Walken, eine Ernährungs- Bewegungs- und Rückenberatung, Wanderungen sowie Fachvorträge zu unterschiedlichsten Themen für Jung bis Alt auf der Agenda standen.    

Parallel hierzu führten wir weitere verschiedene Veranstaltungen mit den Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Verbänden etc. zum Thema Gesundheit durch.   

Unterstützt wurden wir hierbei vor allem vom Land Hessen und der KV Hessen durch entsprechende Fördermittel, die uns insbesondere deshalb zur Verfügung gestellt wurden, weil wir dies als landkreisübergreifende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich angingen, die es in Hessen in dieser Form bisher so noch nie gegeben hat. 

 

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Schritte, die Sie gemeinsam gegangen sind? 

Es ist nicht der eine Schritt, sondern eine ganze Reihe von ineinandergreifenden Aktivitäten, die zum Gelingen geführt haben und die am Anfang bei Leibe alles andere als einfach waren: 

So mussten wir mit großem Engagement in unseren Kommunalparlamenten dafür werben, das Thema Gesundheitsversorgung künftig als wichtiges interkommunales Zukunftsthema zu begreifen, obwohl es primär nicht zu den Kernaufgaben einer Kommune zählt, da die Verantwortung bei der Kassenärztlichen Vereinigung liegt in Form des sog. Sicherstellungsauftrages. Ganz schwierig gestalteten sich anfangs vor allem die Diskussionen, wenn es um die Bereitstellung von kommunalen Haushaltsmitteln ging, bei denen uns allerdings die Fördergelder halfen, die vom Land bereitgestellt wurden.  

Trotz dessen oder aber gerade auch deshalb ist uns Gott sei Dank gemeinsam final gelungen, das Thema Gesundheit als interkommunales Thema zu begreifen – nicht jeder schaut nur auf sich, sondern wir begreifen die Sicherung der Gesundheitsvorsorge als Gemeinschaftsaufgabe. Dienlich war für den gesamten politischen Prozess schlussendlich als sog. roter Faden das vom Land geförderte Konzept zu gesundheitlichen Versorgungsschwerpunkten in Form eines regionales Gesundheitskonzeptes, welches gemeinsam erarbeitet wurde und unzählige Abstimmungsgespräche mit unterschiedlichsten örtlichen Gesundheitsanbietern stattfanden.  

Parallel hierzu haben wir jedoch auch sehr frühzeitig zur Unterstützung unserer Arbeit vor Ort einen professionellen Dienstleister aus dem Gesundheitsbereich für den Aufbau und die Initiierung des iGVZ beauftragt, der Erfahrungen und vor allem sein Fachwissen mitbrachte und bereits ähnliche Projekt erfolgreich in die Tat umgesetzt hatte. Denn neben unserem hohen Engagement brauchten wir vor allem know how aus dem Gesundheitsbereich und gute Kontakte zu Netzwerken etc., um die Idee auch in die Tat umzusetzen. Diese Beratung durch die Firma ASD Concepts besteht bis heute und wir wollen sie auch weiterhin fortsetzen. 

Neben all diesem Wirken und Tun war es uns wichtig, uns strukturell bzw. organisatorisch auch neu aufzustellen. Den Anfang bildete ja unsere interkommunale Zusammenarbeit bestehend aus drei Kommunen, die mittlerweile um eine vierte Kommune, nämlich Cornberg erweitert wurde.  Basierend auf dem Fachwerk Gesundheit wurde zwischenzeitlich auch ein Verein als Versorgungsverbund gegründet, dessen Vorsitz ich innehabe und der die unterschiedlichsten Gesundheitsanbieter als Mitglieder hat: 
Der interkommunale GesundheitsVersorgungsverBund (iGVB) Fachwerk Gesundheit e.V. 

Von Anfang an wurde das Thema Gesundheitsversorgung sehr breit verstanden, sodass nicht nur die Hausärzte im Fokus unserer Arbeit standen, sondern vielmehr infolge des Fachkräftemangels alle Gesundheitsanbieter. Daher hat es uns sehr gefreut, dass wir als ersten Erfolg im Frühjahr 2018 einen Zahnarzt für Herleshausen gewinnen konnten sowie eine Hautärztin. 

Für unser avisiertes Ärztezentrum (iGVZ) war es ein großer Glücksfall, dass das ehemalige Möbelhaus mitten in Sontra durch einen Investor aus Rotenburg a. d. Fulda im Jahr 2018 erworben und als Gesundheitszentrum vollständig ausgebaut wurde. Hierzu konnten wir mit Unterstützung von sog. Städtebaufördermittel flankierende Hilfe leisten.   

Aktuell findet hierin, nachdem ein Physiotherapeut und ein Pflegedienst bereits eingezogen sind, die Entwicklung eines Raumkonzeptes für eine große Hausarztpraxis statt, das im nachfolgenden Artikel gesondert vorgestellt wird. Weiterhin soll in 2022 eine Apotheke die neuen Räumlichkeiten beziehen. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass sich etwas tut und der lange Atem sowie unser großes Engagement sich so langsam auszahlen!  

Nicht zuletzt ist das Thema Zukunft unserer Kommunen jedoch auch eng mit der Gesundheitsversorgung verbunden, denn wir kümmern uns gemeinsam neben diesem Thema auch um gemeinsame Infrastrukturvorhaben im Bereich des Tourismus, Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten, der Entwicklung von Gewerbegebieten und all den Themen, die für die Attraktivität unserer vier Kommunen notwendig sind. Denn es reicht heute nun mal nicht aus, nur ein gutes iGVZ zu haben. Vielmehr muss für eine aktive und lebendige Gesundheitsregion auch das gesamte Wohn- und Arbeitsumfeld stimmen. 

 

Es war ein langer Weg von der Gründung des iGVZ im Jahr 2018 bis zur Eröffnung der Hausarztpraxis im nächsten Sommer? 

Aus meiner Sicht sind die vergangenen Jahre unglaublich schnell vergangen. Wir mussten verschiedene Hürden überwinden, einige Steine aus dem Weg räumen und die Hausarztpraxis im iGVZ wird nun hoffentlich wenn alles nach Plan läuft im Sommer 2022 eröffnet. Das ist vielleicht auch das kleine Manko, denn wie wichtig eine gesundheitliche Versorgung ist, merkt man mit all seinen Folgen immer erst dann, wenn man sie braucht. Daher kann ich auch die Ungeduld in unserer Bevölkerung durchaus nachvollziehen und immer wieder meinerseits bekräftigen, dass wir 4 Kommunen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel im Rahmen unserer interkommunalen Kooperation einsetzen werden, um unsere Gesundheitsregion für die Zukunft mit vielen Akteuren konsequent weiterzuentwickeln und damit gute Rahmenbedingungen für junge Medizinerinnen und Mediziner sowie Personen in den Gesundheitsbereichen zu bieten. Daher freuen wir uns, dass es uns neben der positiven Entwicklung des iGVZ auch gelungen ist, zwei Hausärztinnen in Sontra und in Altefeld an anderer Stelle anzusiedeln. 

Auch die Kooperation mit dem MediBus wurde Dank der KV Hessen und dem Land verlängert und damit besteht mindestens in den Orten, wie in Weißenborn und Cornberg, wo keine Hausärzte mehr existieren, eine medizinische Versorgung fort! 

 

Wie schätzen Sie die Übertragbarkeit auf andere Kommunen ein?

Aus meiner Sicht, und da spreche ich sicherlich auch für meine Bürgermeisterkollegen und alle Akteur*innen in unserem Netzwerk, geht für kleinere und mittlere Kommunen und da zähle ich auch Sontra hinzu, kein Weg an einer interkommunalen Kooperation oder einer anderweitigen kommunalen Zusammenarbeit zur Sicherung der Gesundheitsversorgung vorbei. Daher sollten sich diese Kommunen zwingend mit der Thematik sehr ernsthaft im gemeinsamen Dialog mit ihren örtlichen Gesundheitsanbietern mit einem ähnlichen – natürlich auf sie angepassten – Konzept beschäftigen.  

Uns hat neben den entsprechenden Fördermitteln des Landes sowie den Preisen, die wir für unser Engagement erhalten haben und die auch eine Wertschätzung und Anerkennung all unserer Aktivitäten darstellen, vor allem auch der Rückhalt in der Bevölkerung und den Kommunalparlamenten geholfen. Auch zur KV haben wir mittlerweile infolge unserer Aktivitäten einen guten Kontakt und nutzen natürlich alle dort vorhandenen Fördermittel aus. 

Abschließend kann ich für mich feststellen, dass aus meiner Sicht mittlerweile eine intakte Gesundheitsversorgung zwingend zu den kommunalen Aufgaben und zwar als Daueraufgabe zählen, für die jedoch dauerhafte finanzielle Hilfen des Landes für die Kommunen unabdingbar sind.  

 

Weitere Informationen finden sich unter:

https://www.fwgesundheit.de/startseite/

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